Aachener Spezialitäten
Wenn man BMW-Enthusiasten nach dem fähigsten Tuner für ihre Lieblingsmarke fragt, ist der Name AC Schnitzer mit Sicherheit ganz vorne dabei. Immer wieder verblüffen die Aachener mit ungewöhnlichen Konzeptfahrzeugen und präsentieren Highlights wie die ACL2-Sonderserie oder das AC1-Rad. Und nicht nur die Produkte der aktuellen AC–Schnitzer-Palette erfreuen sich großer Beliebtheit, historisches Material aus Aachen genießt oftmals gar Kultstatus und ist äußerst gesucht. Den Grundstein für die erfolgreiche Tuningmarke legten der BMW-Autohausbesitzer Willi Kohl und Rennstallchef Herbert Schnitzer 1987 – wir blicken zurück auf 30 Jahre AC Schnitzer.
Mit 600 Mitarbeitern an fünf Standorten und 240 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2016 ist die Kohl-Gruppe ein echtes Schwergewicht. Neben dem Verkauf von BMW-Automobilen gehören auch die Marken Mini, Jaguar Land Rover und Opel zum Portfolio der PKW-Sparte, die heute eine von drei Säulen des Unternehmens bildet. Die zweite Säule besteht im Motorradgeschäft mit BMW und Harley-Bikes und die dritte schließlich im Tuningsektor, wo sich die Marke AC Schnitzer den vierrädrigen Fahrzeugen und die Marke Phoenix den Bikes widmet. Heute hat AC Schnitzer 2.500 verschiedene Produkte von der Auspuffblende über Fahrwerke, Leistungssteigerungen und Räder bis hin zu Velours-Fußmatten für zahlreiche BMW-Modelle im Programm.
Der Export macht zwei Drittel des Umsatzes aus, so dass täglich aus dem 4.500 Quadratmeter großen Logistikzentrum in Aachen AC-Schnitzer-Teile auf die Reise in 58 Länder gehen.
Mit solchen Dimensionen konnte keiner der Beteiligten rechnen, als AC Schnitzer auf der IAA 1987 mit dem 245 PS starken S7 auf Basis des 735i sein erstes Tuningfahrzeug vorstellte. Die Idee hinter der gemeinsam von Willi Kohl und Herbert Schnitzer aus der Taufe gehobenen Marke AC Schnitzer bestand darin, das Know-how des Rennteams auch für sportliche Fahrer straßenzugelassener BMW nutzbar zu machen.
Seit Mitte der 1960er Jahre sammelten die Brüder Josef und Herbert Schnitzer Motorsporterfahrung auf BMW. Nachdem sie die BMW-Handelsvertretung in Freilassing übernommen hatten, gründeten sie 1967 eine Motorsportabteilung, die von Erfolg zu Erfolg eilte.
Mit während der vergangenen Jahrzehnte eingesammelten Meistertiteln in den verschiedensten Serien sowie einem Le-Mans-Gesamtsieg auf der Haben-Seite zählt Schnitzer heute zu einem der erfolgreichsten Rennställe weltweit. Als Entwicklungs- und Erprobungspartner im Tourenwagensport arbeitet Schnitzer eng mit BMW zusammen. Auch vereinzelte getunte BMW für die Straße entstanden bereits in Freilassing, der Startschuss für ein umfassendes Tuningprogramm fiel aber erst mit der Gründung des Aachener Unternehmens AC Schnitzer vor 30 Jahren.
Nach dem Prinzip „Vom Motorsport auf die Straße” entwickelte AC Schnitzer ein vollständiges Angebot für die damals aus 3er, 5er, 6er und 7er bestehende BMW-Modellpalette. Sowohl für den kleinen als auch den großen Sechszylinder wurden Zylinderkopfbausätze und Hubraumerweiterungen angeboten. Und auch den M3 E30 unterzogen die Aachener einer Optimierung: Noch bevor BMW selbst die „Sport Evolution“-Variante herausbrachte, erhöht AC Schnitzer den Hubraum des S14-Aggregats und schuf so den S3 Sport 2,5, der auf der IAA 1989 debütierte und 245 PS lieferte.
Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für die Umsetzung von Motorsport-Technologie für den Straßeneinsatz war das Konzeptfahrzeug „CLS-Coupé Leichtbau Silhouette” auf Basis des 3-Liter-M3 E36 mit 320 PS sowie dessen 3,2-Liter Nachfolger CLS II, der es auf 350 PS brachte. Insbesondere in letzterem Konzeptwagen kamen etliche Teile zum Einsatz, die zuvor im Schnitzer Gruppe A M3, etwa beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, getestet worden waren. Zum 10-Jährigen stellte AC Schnitzer dann einen weiteren bemerkenswerten E36 auf die Räder, indem man einen 318ti Compact mit einem 260 PS starken 3,2-Liter-Sechszylinder ausstattete.
Im gleichen Jahr entstand zudem ein Z3, in den ein auf 310 PS leistungsgesteigerter 4,4-Liter-V8 aus einem 540i verpflanzt wurde.
2005 ging AC Schnitzer dann auf Rekordjagd: Im süditalienischen Nardò erreichte der AC Schnitzer „Tension”, ein auf Basis des M6 e63 kreiertes Hochleistungscoupé mit 550 PS, eine Höchstgeschwindigkeit von 331,78 km/h und war damit der schnellste straßenzugelassene BMW seiner Zeit. Weitere Rekorde für gas- und dieselgetriebene BMW-Fahrzeuge folgten in den Jahren 2006 und 2007 mit entsprechend vorbereiteten E92 Coupés.
Als Gründungsmitglied des Verbandes der Automobiltuner VDAT e.V. beteiligte sich AC Schnitzer auch an der vom Verband unterstützten Kampagne „Tune it! Safe!“, die für sach- und fachgerechtes Tuning wirbt.
Für diese Initiative unter Schirmherrschaft des Bundesverkehrsministeriums präparierten die Aachener inzwischen bereits viermal das Promotion-Fahrzeug im Streifenwagen-Stil. Jüngster Paukenschlag aus Aachen ist das Konzeptfahrzeug ACL2 auf Basis des M235i, bei dem konsequenter Leichtbau auf ein optimiertes M4-Aggregat mit 570 PS trifft. Zum 30-jährigen Jubiläum legt AC Schnitzer den auf 30 Stück limitierten ACL2S auf, der vom ACL2-Konzept abgeleitet ist und auf Grundlage des M240i entsteht.
Mit diesen begeisternden BMW jenseits der Serie hat AC Schnitzer seine Stellung in der Topriege der BMW-Tuner untermauert, und wir dürfen uns schon auf die Konzeptfahrzeuge kommender Jubiläen freuen.
Mehr spannende und interessante Artikel lest ihr in der Ausgabe 04/17 der BMW SCENE live.
Text: Frank Mundus
Fotos: AC Schnitzer