1991er BMW E30 316i

M3-Power für die Piste

Sport ist sein Hobby
Für Motorsport-Erfolge ist kein gewaltiges DTM- oder LMP1-Budget vonnöten. Bester Beweis ist Bastians BMW E30 im M3-Look, mit dem er auch in dieser Saison in der Deutschen Rallycross-Meisterschaft antritt.

Einmal am Joint gezogen – zack, wohnste vorm Bahnhof. Einmal Rallye gesehen – zack, drifteste selbst mit. Drastisch, aber wahr! „Anfang 2012 fand in meinem Heimatort Mulsum bei Stade eine Rallye statt, die mich so faszinierte, dass ich selbst mitfahren wollte. Für mich als BMW-Fan stand die Wahl des Sportgeräts außer Frage, und so trieb ich schnurstracks einen E30 325 iX auf. Dieser lief allerdings im Rallycross. Der Verkäufer brachte mir diesen Sport näher, vier Wochen später startete ich auf dem Estering in Buxtehude. Bis 2019 habe ich den Wagen über alle Rallycross-Strecken in ganz Deutschland, den Niederlanden sowie Belgien bewegt und mehrere Vizemeistertitel in den Klassen Rallycar und Supernational+ errungen“, berichtet Bastian.

Sieht gut aus und klingt noch besser: Supersprint-Auspuffbögen und -Endtopf sorgen für Megasound

Schließlich wurde es Zeit für einen neuen E30, den Bastian für 100 Euro als Rohkarosse erstand. Der mittlerweile auf 2728 ccm gestrokte und auf 284 PS getrimmte Motor sowie die Hinterachse wurden vom alten Fahrzeug übernommen, auf angetriebene Vorderräder künftig verzichtet. „In meiner mit Schweißgerät, Hebebühne, Druckluft und gemütlicher Eichen-Eckbank prima ausgestatteten Werkstatt neben meinem Wohnhaus beseitigte ich 2019/2020 allerlei Rostlöcher und tauschte die Dachhaut gegen eine ohne Schiebedach. Wochenlang war ich mit dem 3er alleine beschäftigt. Nach und nach kamen Familie und Freunde zum Helfen hinzu. So war mein Bruder Veith eine große Unterstützung bei der Elektrik und mein Freund Lars bei den Karosseriearbeiten. Des Weiteren standen mein Stiefvater Lothar sowie meine Freunde Olli, Maik, Basti und René mit Rat und Tat zur Seite. Hendrik hat das Auto lackiert, Lupo Sponsoren überzeugt. Meine Mutter Helma hat Hund Rudi versorgt und Essen gemacht. Danke euch für alles!“

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Nach sechs Monaten war der neue Rallycross-Renner mit justierbarem und verstärktem Fahrwerk fertig, auf Leichtbau besonders geachtet worden. Dem fiel neben dem Schiebedach auch der Unterbodenschutz und die meisten äußeren Blechteile zum Opfer: „Mein Partner, das Sachverständigenbüro Michaelis, verhalf mir zu einem GFK-Bodykit im M3 Evo-Look, nur die Fahrertür blieb gemäß Reglement in Originalblech. Ein quaderförmiger 20-l-Renntank zog an den Platz der Reserveradmulde; Wasserkühler, Batterie und der unverzichtbare Waschwasserbehälter wanderten ebenfalls gen Kofferraum. Die Lackierung und die Beklebung übernahmen meine Partner Pankel in Harsefeld respektive Pusch in Buxtehude.“

Pragmatisch: Die Hauben des GFK-Bodykits sind mit Schnellverschlüssen befestigt, die dicken Backen sorgen vorne für 4 cm und hinten für 15 cm mehr Breite pro Seite.

Das Serieninterieur hatte jede Daseinsberechtigung verloren und wich einem in den Niederlanden eingebauten Käfig, einem Alu-Armaturenbrett, einem Feuerlöscher sowie dem obligatorischen FIA-konformen Sitz nebst 6-Punkt-Gurt. Hui, fertig! Pfui, Corona! „Weil die Rennsaison 2020 seuchenbedingt ausfiel, blieb mir nur übrig, alle Testveranstaltungen mitzunehmen. Bei denen habe ich das neue Auto gründlich kennengelernt und vieles verfeinert – es war ein ganz neues Fahrgefühl, das aber auch eine große Umstellung bedeutete. Die investierte Zeit hatte sich auf jeden Fall gelohnt: 2021 wurde ich mit neuem, gerade verzahntem Viergang-Klauengetriebe DMSB-Rallycross-Meister, im Folgejahr Vizemeister.“

Jubeln in den höchsten Tönen: Der auf knapp 400 PS getrimmte S50B32 ist für 8000 Touren gut.

Die Rennsaison 2023 setzte das Nordlicht aus und widmete sich ab September dem Umbau auf einen mithilfe von Tiefbau Dohrmann aus Frelsdorf angeschafften S50B32 aus dem M3 E36. Obgleich von
Natur aus 321 PS bei 7400 Umdrehungen nicht eben schwächlich, kam dem R6 ein umfassendes Tuning zuteil: Nach dem Tausch etlicher über TZRMotorsport in Westertimke bezogener Innereien und Anbauteile – okay, eigentlich blieb bis auf den Block nichts unangetastet – drückt der Sauger flotte 387 PS bei 8000 Touren ab und erreicht die Nenndrehzahl nach Abstimmung bei TME in Apensen im Handumdrehen. Zwecks maximaler Antriebskraft bei minimalen Verlusten wurde ein Umbau auf Flachriemen durchgeführt und nur noch die Lichtmaschine angetrieben; Wasserpumpe und Lüfter arbeiten elektrisch, die einer MB-A-Klasse entnommene Servopumpe elektro-hydraulisch.

Zu den grünen Scheinwerfern inspirierte der M3 von DTM-Pilot Altfrid Heger.

Bauunternehmen Schröder aus Bremervörde sorgte für einen schneidigen Rennanzug nebst passender Schuhe fürs nötige Pedalgefühl und gute Reifen, eine lokale Kfz-Werkstatt steuerte die feuerfeste Unterwäsche bei. Na dann: los! „Kaum war Ende März 2024 alles fertig, ging es zum Testen auf den Estering in Buxtehude. Der inklusive mir und 140 Zusatzgewicht 1270 kg leichte Wagen und ich haben die rund 100 PS mehr gut verkraftet, die Beschleunigung hat sich deutlich spürbar verbessert. Beim Saisonstart am 27. April verlief leider nicht alles nach meinen Vorstellungen, aber von den paar Rückschlägen lasse ich mich nicht unterkriegen. Denn neben meinen Freunden und Partnern steht mir seit nun zwei Jahren meine Freundin Sarah zur Seite und unterstützt mich, wo sie kann. Auch direkt am Auto.“

Text: Arild Eichbaum
Fotos: Frank Schwichtenberg

Ohne Fly-off-Handbremse geht beim Start auf der Piste nix, und ohne Notaus gehste nicht auf die Piste. So einfach ist das.

Feature Facts: 1991er BMW E30 316i

Motor: R6 S50B32 vom E36 M3, aufgebohrt auf 3276 ccm; mehrlagige Metall-Zylinderkopfdichtung, ARP-Stehbolzen, Vanos deaktiviert, Ventiltrieb mit Lashcaps und starren Tassen, 296°-Schrick-Nockenwellen, Diamond-Kolben, Autoverdi-Pleuel, ACL-Pleuellager, Kurbelwelle erleichtert und feingewuchtet; 12,6:1 Verdichtung; E34-Ölwanne mit Schwallblechen, Hochdruck-Ölpumpe, Motul-300V-20W-60-Rennsportöl, Carbon-Airbox, K&N-Luftfilter, alpha N, Maxx-ECU-Steuergerät, VAG-Zündspulen, mehrstrahlige Volvo-Einspritzdüsen von Bosch, Kanäle der Einzeldrosselklappenanlage an Zylinderkopf angeglichen, mit dem Endergebnis von 387 PS bei 8000 U/min, 370 Nm bei 6651 U/min; Fächerkrümmer, zweiflutiger 63,5-mm-Auspuff mit Supersprint-Auspuffbögen und -Endtopf, zwei Breitband-Lambdasonden und 100-Zellen-Metallkats

Kraftübertragung: M20B25-Einmassenschwungrad, erleichtert und gewuchtet, mit 8-Pad-Sintermetallkupplung; verstärkte Sachs-Druckplatte, klauengeschaltetes und gerade verzahntes Viergang-Dogbox-Renngetriebe mit langem 1. Gang, 188er E30-Differential mit 75% Sperre, Hinterradantrieb

Bremsanlage: vorn 325i E36-Bremssättel, Carbone Lorraine-Beläge und Tarox F2000-Scheiben; hinten Originalsättel, EBC-Beläge und gelochte Zimmermann-Scheiben

Räder: GTP 020 in 8 x 17 ET 35; vorne 16-mm-Spurplatten pro Rad auf Stehbolzen, hinten 25-mm-Platten geschraubt und 15-mm-Platten gesteckt auf Stehbolzen

Reifen: Avon/Cooper-Trockenreifen in 225/640 R17 oder 210/635 R17-Regenreifen

Fahrwerk: vorne verstellbare Domlager, Bilstein „Rally Tarmac“ mit Rennsportfedern und Gewindeverstellung vorn; Proflex-Dreiwege hinten; Vorderachse in Alu und PU, Hinterachse in Alu gelagert; H&R-Stabikit; Hinterachse verstellbar in Spur und Sturz, Schwingen mit Eisenstreben verstärkt; hinten 10 mm breitere Naben vom 325ix

Karosserie: Lackierung in Alpinweiß 2, GFK-Breitbau-Bodykit im M3 Evo-Look, Schiebedach entfernt; Wasserkühler mit 2 Spal-Lüftern, Waschwasser, Renntank und Batterie im Kofferraum

Innenraum: entkernt; Beltenick-Sitz und -6-Punkt-Gurt, Käfig, Feuerlöscher, Notaus, geschlüsseltes und abnehmbares OMP-Lenkrad, Alu-Armaturenbrett

Der Name Rudi Racing Team entstand durch Bastians Labrador Rudolph, treuer Begleiter bei jedem Rennen und häufiger Gast auf dem Podium. Manchmal musste das Herrchen erklären, dass es nicht Rudi heißt …
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