1981er BMW E21 323i

Besser als neu

3er im 1er Zustand

Nachdem Andreas seinen Vorfacelift-E30 mit M-Technik-1-Paket verkauft und sein E46 330 ci Coupé seit 2005 inklusive sämtlicher Nachrüstungen an Neuteilen auf Neuzustand gebracht hatte, war es 2019 Zeit für ein neues Projekt. Diesmal gelüstete es den absoluten Perfektionisten nach einem Oldtimer.

„Der Vater meiner Lebensgefährtin, ein BMW-begeisterter Autospengler der alten Schule mit Histo-Cup-Erfahrung auf 2002 tii, hat in den letzten Jahren zwei E21 restauriert“, berichtete der Ingenieur aus St. Andrä-Wördern. „Als ich mal mit einem gefahren bin, dachte ich mir: ‚Eigentlich recht geil, Fahrgefühl absolut traumhaft!’. Und dann stand da im letzten Eck im Schuppen unter einer dicken Staubschicht dieser alpinweiße E21.“ Optisch eine verwendbare Basis, saubere Papiere, keine aus mehreren Autos zusammengebratene Kiste und seit 1993 vom Vorbesitzer mit Motorschaden abgemeldet. Nach kurzer Überlegung und einem „was soll schon schiefgehen, wird nicht so schlimm werden“ war der 323i gekauft. Quasi blind, ohne ihn genauer von unten besichtigt zu haben.
Also ab auf die Bühne. Keiner der Arme verschwand in der Karosserie, ein guter Anfang. Es zeigten sich zwei minimale Durchrostungen im Fahrerfußraum, sonst blechtechnisch nichts Dramatisches auf den ersten Blick. Für ein genaues Bild der Lage musste die Karosserie aber komplett mit Trockeneis gestrahlt werden, und das Zerlegen ging los. Die Auspuffanlage und beide Tankhälften waren Kernschrott, nach ein paar Schnitten mit der Flex geistig die ersten 2500 Euro verbucht. „Auf eBay Kleinanzeigen habe ich später zwei neuwertige Tankhälften gefunden, ein echter Jackpot und wahrer Lichtblick zwischen verrosteten Achsen und Anbauteilen sowie defekter Benzinpumpen-Druckspeicher-Einheit. So zog sich das dann fort, und mir war schnell klar, dass mich das volle Programm erwartete.“

Nach zehn Stunden Strahlen bei 10-12 bar war der alte Unterbodenschutz pulverisiert; Motor, Getriebe und Hinterachse wurden dann mit 5 bar noch gereinigt. Sämtliche Roststellen, die beim Eisstrahlen zutage traten, habe ich sandgestrahlt, nachbehandelt und danach direkt wieder mit einem Neuaufbau der Schichten begonnen. „Nach dem Besuch beim Strahler hatte ich Riesenglück: Kaum hatte ich die Karosse mit dem frisch gestrahlten Vorderbau in meine Werkstatt geschoben, begann es zu regnen. Auf diesen Schock haben wir das blanke Blech gleich mit 2K-Epoxyfüller zugeblasen.“ Sämtliche Alu-Anbauteile des Motors und der Differenzialdeckel wurden glasperlgestrahlt und mit hitzefestem Klarlack überzogen, Schrauben und Kleinteile gelb verzinkt.

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„Über das E21-Board knüpfte ich dann die ersten spezifischen Kontakte und habe schließlich Ralf kennengelernt. Bei ihm holte ich mir immer wieder Anregungen und Ideen, und mit telefonischer Hilfestellung war er auch stets eine große Unterstützung.“ Zwischenzeitlich wurde der Serienmotor ohne Rücksicht auf die Kosten penibel überholt, das Getrag-245-Sportgetriebe neu abgedichtet und die Kardanwelle mit Schleifvlies angeraut sowie schwarzmatt lackiert. Kleinere Teile wie Luftfilterkasten, Bremskraftverstärker, Scheinwerferhalterungen, Antriebswellen, Getriebehalter oder Differenzial konnte Andreas selbst sandstrahlen und beschichten oder grundieren und lackieren.

„Die komplette Karosserie bekam ein neues Einschicht-Kleid im originalen Alpinweiß 146, dann strömte großzügig Mike-Sanders-Fett in die Hohlräume. Damit Schmutz nicht so leicht haften bleibt, pinselte ich den Unterboden und die Radhäuser zweimal dick in originalem Alpinweiß ein. So kann ich diese Bereiche ebenfalls mit Detailingspray pflegen.“ Alle Teile auf den endlosen Bestelllisten, die neu nicht mehr lieferbar waren, bereitete Andreas so stoisch wie sorgfältig auf. Im März 2020 kamen Motor und Getriebe für einen Probelauf an ihre Stammplätze. Der Test klappte einwandfrei – die Freude war riesig. „Dank Corona-Lockdown und Kurzarbeit konnte ich den Wagen in kürzester Zeit komplettieren. Teilweise war ich mit dem Zusammenbau so schnell, dass ich wegen Materialengpässen pausieren musste.“

Dass der E21 im Alpina-Look auferstehen würde, stand schon von Beginn an fest. Der originale 15“-Alpina-Radsatz wurde komplett neu aufgearbeitet und mit neuen Nabenkappen versehen, innen hielten ein neues Alpina-Vierspeichenlenkrad und der neu aufgelegte Holzschaltknauf Einzug. Als das originale Alpina-Dekor wieder aufgelegt wurde, musste der Niederösterreicher es freilich nachrüsten. „Zu all der Pracht passte die schäbige Innenausstattung gar nicht, und der originale Pacific-Stoff im Sechszylinder-Muster war nirgends erhältlich. Durch Kontakte über das E21-Board kam ich zu Thomas Mack. Bei dem Sattlergott aus Bad Boll ließ ich die komplette Innenausstattung im Alpina-Design anfertigen.“

Die Seitenwangen und das Rückenteil der Vordersitze entstanden statt im serienmäßigen Kunstleder in OEM-Porsche-Nappaleder mit feiner Narbung, um die Struktur des originalen Materials hochwertiger wiederzugeben. Eine Doppelnaht in den Alpina-Farben sorgte für den letzten Schliff. Die hinteren Seitenverkleidungen kamen gänzlich in Nappa, die Türverkleidungen in Nappa mit einem Stoffmittelteil in Form und Nahtführung so wie die Ausstattung nach 1979. Anstelle der im Original dreifachen Kunstledernahtandeutung gab es eine Naht in Schwarz sowie eine Alpina-Doppelnaht.

„Die Arbeitszeit und den Herstellungsaufwand selbst kann und will ich im Detail gar nicht beziffern. Dafür habe ich jede einzelne Schraube in den Händen gehalten und mich bemüht, das Fahrzeug besser als neu aufzubauen. Ich fahre pro Saison mit dem E21 rund 2500 Kilometer bei schönem Wetter. Es ist ein absoluter Genuss, an jeder Ecke zeigt sich Begeisterung, überall gehen die Daumen hoch. Der 323i vermittelt so ein perfektes Fahrgefühl, dass man einfach nicht denkt, dass er bereits 41 Jahre alt ist.“ Das Alter ist ihm ja auch nicht anzusehen…

Text: Arild Eichbaum
Fotos: Frank Schwichtenberg

Raus hier! Passend zur neuen Alpina-Ausstattung wich der „Pacific“-farbene Teppich einem in Anthrazit.
Die Mittelkonsole trägt Nappaleder mit der grün-blauen Naht und ein originales BMW-„Bavaria C Reverse“-Kassettenradio aus dem E30.
Selbstverständlich erstrahlt auch der Motorraum in neuer Pracht. Wo kämen wir denn sonst hin?

 

 

 

 

 

 

Feature Facts: 1975er BMW 2002

Motor:
R6 M20B23, 2316 ccm, K-Jetronic, 143 PS bei 6000 U/min, 190 Nm bei 4500 U/min, Alu-Anbauteile glasperlgestrahlt und klarlackversiegelt, Doppelrohr-Auspuff

Kraftübertragung:
BMW-Getrag-245-Fünfgang-Sportgetriebe, Sperrdifferenzial 25%; Übersetzung 1: 3,45

Fahrwerk:
Bilstein-„B8“-Dämpfer; H&R-Federn

Räder:
original Alpina Multispeiche Keramik-pulverbeschichtet, vorn in 6 x 15 ET12, hinten in 7 x 15 ET12

Reifen:
Hankook „Ventus Prime 3“ vorn in 195/50 R15 u. hinten in 205/50 R15

Karosserie:
Vollrestauration inkl. komplettem Neuaufbau, Neulackierung inkl. Unterboden in Originalfarbton „Alpinweiß“, Alpina-Frontspoiler, originaler Alpina-Dekorsatz

Innenraum:
originale Recaro-Sitze und Rückbank in Alpina-Stoff; Seitenteile, Mittelkonsole, Ablagefach und Sitzrückwand in OEM-Porsche-Nappaleder; Türverkleidungen in Stoff/Leder, Seitenverkleidungen in Leder, Schaltsack in Nappaleder, Hutablage neu bezogen und mit Nappa eingefasst, Nähte in Alpina-Farben, neuer Teppich in Anthrazit, original BMW-Velours-Fußmatten, original Alpina-Vierspeichenlenkrad; original Alpina-Schaltknauf, BMW-„Bavaria C Reverse“-Radio

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