Ein kleines Kunstwerk
Leidenschaftlich aufgebauter 2002 tii
1972 hat für Wolfgang Karg aus dem bayerischen Opfenbach bis heute eine ganz besondere Bedeutung. Ist es doch das Jahr, in dem es sich als Fünfjähriger mit dem BMW-Virus infizierte. Sein Vater besuchte damals die Olympischen Spiele in München, verbunden mit der Mission, den seinerzeit persönlich größten Traum – einen 1802 in „Inka-Orange“ – direkt vom BMW-Werk mit nach Hause zu nehmen. Vom väterlichen Wagen absolut geflasht, ist Wolfgangs Leidenschaft für die Autos der bayerischen Fahrzeugmarke bis heute geblieben.

Nachdem Wolfgang mit 18 seine Führerscheinprüfung erfolgreich absolviert hatte, fehlte ihm das Geld, selbst einen BMW zu erstehen. Da der Vater den Autos aus München treu geblieben war und stets aktuelle Modelle als Daily Driver fuhr, blieben BMWs für Wolfgang weiter präsent. Was dazu beitrug, dass er jahrelang täglich Verkaufsangebote zu entsprechenden Fahrzeugen durchstöberte. Im Mai 2019 tauchte schließlich etwas Passendes auf. „Es war ein 2002 tii, der eine Kugelfischereinspritzung hatte und die ideale Voraussetzung zur Umrüstung auf eine Alpina-Einzeldrosselanlage bot“, erzählt Wolfgang. Die Entscheidung, das Auto schließlich zu kaufen, wurde nicht zuletzt auch dadurch beflügelt, dass es aus erster Hand war und der Verkäufer – ein Bäckermeister aus Dannstadt – einen sehr seriösen Eindruck machte. 44 Jahre war der BMW in seinem Besitz, und bei der Abholung erzählte der Bäckermeister, sichtlich bewegt, einige rührende Geschichten, die er mit dem Wagen erlebt hatte. „Ich habe dem Verkäufer versichert, dass der BMW in gute Hände kommt und von mir stets pfleglich behandelt wird“, blickt Wolfgang zurück.




Im Winter 2019/20 zerlegte der frischgebackene BMW-Besitzer zusammen mit seinem langjährigen Kumpel Gerhard – mittlerweile pensionierter Mechaniker – den E10 komplett bis zur letzten Schraube. Worauf die Karosserie für die Entlackung und KTL-Beschichtung zur Firma Carblast nach Welzheim gebracht wurde. Bedauerlicherweise war wegen der seinerzeitigen Pandemie ein Lockdown ausgerufen worden. Es konnten kaum Aktivitäten durchgeführt werden. Wolfgang und Gerhard nutzen aber die Abende, um sämtliche erhaltenswerten Teile wie Achsen und Innenausstattung aufzuarbeiten. Der Motor wurde von der Firma Minichberger Motorsport komplett revidiert und auf die erwähnte Alpina-Einspritzanlage umgerüstet. Das Getriebe, ein komplett überholtes 5-Gang-Schongetriebe, konnte Wolfgang von der Firma GMT Bauer erwerben.



Nach einigen Monaten kam die Karosserie entlackt und beschichtet zurück. Doch es folgte ein böses Erwachen, da sich herausstellte, dass noch einige Blech- und Schweißarbeiten erledigt werden mussten. Tommi Zanella – Wolfgangs Karosseriebaumeister der ersten Wahl – ersetzte alle benötigten Bleche und führte die Schweißarbeiten akribisch durch, so dass nur minimale Zinn- und Spachtelarbeiten notwendig waren. Völlig unterschätzt hatte Wolfgang den Zeitaufwand für die Komplettlackierung der Karosserie. Tagelanges Schleifen der einzelnen Schichtaufbauten war notwendig, um für Christoph Stiefenhofer von der Firma CTS Concept eine erstklassige Basis für das Aufbringen einer tadellosen Lackierung bereitzustellen. Unterstützung gab es auch von Ricardo, einem Autolackiermeister.

Als die frisch lackierte Karosserie in Wolfgangs Werkstatt zurück war, wurden angesichts der Qualität, in der sich die Lackierung zeigte, alle Erwartungen übertroffen. Nun konnte mit den, wie Wolfgang sagt, “angenehmen Arbeiten“ begonnen werden. Gemeint ist der Wiederaufbau des BMW mit den aufbereiteten und teilweise auch neuen Komponenten. Der Einbau der technischen Teile inklusive der Motor- und Getriebeeinheit sowie der Achsen und Bremsen wurden von Wolfgangs Haus-und-Hof-Mechanikermeister Hansi begleitet und zum Teil auch komplett durchgeführt. Verbaut worden ist unter anderem eine 300°-BMW-Motorsport-Nockenwelle sowie eine Edelstahl-Abgasanlage mit Fächerkrümmer. Bezüglich des Fahrwerks setzte man auf ein Bilstein „B6“. Domstreben sorgen für gesteigerte Fahrwerksstabilität. Vorne wurden innenbelüftete Alpina-Bremsen montiert, während hinten große Trommelbremsen mit Stahlflex-Bremsleitungen zum Einsatz gebracht worden sind. Äußerlich fällt der BMW nicht allein durch sein schönes „Polaris-Silber“ auf, vielmehr zieht er auch mit seinen geklebten originalen zweifarbigen Alpina-Streifen alle Blicke auf sich. Ferner fällt ein Alpina-Frontspoiler auf. Hervorragend stehen dem BMW die originalen Alpina-Leichtmetallräder in 6 x 15 beziehungsweise 7 x 15 Zoll, auf die Yokohama-„Advan“-Reifen in 195/50-R15 vorne sowie 205/50-R15 hinten aufgezogen sind. Eine perfekte Abrundung bietet das Interieur mit originalen Alpina-Sitzen und -Rückbank sowie Alpina-Lenkrad, -Schaltknauf und -Armaturenbrett.

„Fertig zusammengebaut, ist das Auto für mich ein kleines Kunstwerk geworden, auf das ich jeden Tag stolz bin“, lautet Wolfgangs Fazit. Weshalb er all seinen Helfern dankt, ohne deren technisches Know-how und langjährige Erfahrung das Projekt so niemals zustandegekommen wäre. Abschließend nicht unerwähnt darf bleiben, dass ein weiterer, noch nicht ganz fertiggestellter BMW auf der Hebebühne steht. Bleibt mit Spannung abzuwarten, was da demnächst auf uns zurollt …
Text: Michael Stein
Fotos: Frank Schwichtenberg

Feature Facts: 1975er BMW e10 2002 tii Alpina A4
Motor:
M10-8V-Reihenvierzylinder, 1.998 ccm, 157 PS bei 6.800 U/min, 230 Nm bei 6.300 U/min, Umbau auf Original-Alpina-Einzeldrosselanlage und 300°-BMW-Motorsport-Nockenwelle, Alpina-Ventildeckel, Edelstahl-Abgasanlage mit Fächerkrümmer
Kraftübertragung:
5-Gang-Schongetriebe, Hinterradantrieb
Fahrwerk:
Bilstein „B6“
Bremsen:
Umbau auf innenbelüftete Alpina-Bremsen (vorne), große Trommelbremse, Stahlflex-Bremsleitungen (hinten)
Räder:
original Alpina-Leichtmetallräder in 6 x 15 Zoll (vorne) und 7 x 15 Zoll (hinten)
Reifen:
Yokohama „Advan“ in 195/50 R15 (vorne) und 205/50 R15 (hinten)
Karosserie:
komplett entlackt und KTL-beschichtet, Lackierung in BMW-„Polaris-Silber“, Alpina-Frontspoiler, Ahrend-Motorsport-Domstreben, geklebte originale zweifarbige Alpina-Streifen, Stahlschiebedach
Innenraum:
originale Alpina-Sitze und -Rückbank, Alpina-Lenkrad, -Schaltknauf und -Armaturenbrett, schwarzer Dachhimmel






















