Long Overhaul
Dauerte lange, hat sich aber gelohnt: „resto-modifizierter“ Sechser mit Airride
Diese Geschichte begann mit einem flüchtigen Seitenblick bei Nacht. Frank Kühn aus Chemnitz erblickte dabei einen Sechser bei einem Autohändler und kaufte ihn kurz darauf. Das war 1995. Es folgten einige Jahre, in denen das Coupé als Alltagsfahrzeug genutzt wurde. Doch die Karosserie wurde immer welker, und Frank sah sich gezwungen, zu handeln. 2001 startete er mit der Restaurierung und Überarbeitung des BMW, was sich – bedingt durch familiäre und berufliche Pausen – bis 2020 hinzog. Seitdem steht der E24 tip-top und deutlich tiefer da als je zuvor.
Unüblich für einen Sechser, hatte dieser 635 CSi nur wenige werksseitige Extras an Bord: „Kein Schiebedach, manuelle Sportsitze, Dogleg-Schaltgetriebe, großer Motor, Sperrdifferenzial, kein Kat und daher auch nur 1.380 Kilogramm schwer – genau das, was ich gesucht hatte“, kommentiert Frank seine Kaufentscheidung. Da wusste er bereits, dass es einige technische Probleme auszumerzen galt: „Die Türdichtungen hatten sich abgelöst, eine Vorderfeder war gebrochen, die Bremsen waren am Ende, das Innenraumgebläse defekt, das Wischergestänge festgelaufen und vieles mehr“, erinnert sich der Chemnitzer. Also widmete er die kommenden Wochenenden der Fehlerbehebung und „war froh, wenigsten sonntags fahren zu können“.
In den folgenden sechs Jahren wurde der BMW als Alltagsfahrzeug genutzt – auch im Winter. Dabei machte der E24 seinem Besitzer besonders viel Laune: „Langer Radstand, großer Lenkeinschlag, Sperrdifferenzial und Motor-Power machen es dir irgendwann schwer, eine Kurve im Schnee ganz normal zu fahren“, schmunzelt Frank. Doch dann wurde der Rostbefall, speziell an den Radläufen und Schwellerkanten, so massiv, dass gehandelt werden musste. Stück für Stück sanierte beziehungsweise tauschte Frank die maroden Bleche. Das dauerte insgesamt fünf Jahre und umfasste die hinteren Seitenteile, die Motorraumseitenteile, die Radhäuser sowie Heckblech und Frontmaske. Für Schweller und Bodengruppe blieb keine Zeit, denn Frank besuchte die Meisterschule, bekam zwei tolle Söhne und machte sich selbstständig.
Erst 2016 konnte er sich dem Sechser wieder intensiver widmen und zerlegte ihn komplett. Schweller, sämtliche Verstärkungen aus A- und B-Säule, Wagenheberaufnahme und Innenschweller wurden anschließend aufwändig repariert. Parallel schickte er das Sportgetriebe zum Überholen und die Achsteile zum Strahlen und Pulvern. Innen mussten die originalen hellgrünen Stoffbezüge beigefarbenem Leder weichen, dabei wurde auch eine Sitzheizung eingebaut.
Da Franks Wünsche bezüglich des Fahrwerks nie und nimmer mit einer H-Zulassung vereinbar gewesen wären, strebte er diesen Weg erst gar nicht an. „Wäre der Wagen vollständig und in gutem Zustand gewesen, hätte ich mich vermutlich nicht so ‚daran vergriffen‘. Das war er aber nie, also habe ich dann so gebaut, wie ich es im Kopf hatte.“ So behielt der Sechser seine klassische Optik, doch alle Radläufe wurden angelegt und leicht überzogen, die originale Kunststoffblende unter den Heckleuchten durch ein Blechteil ersetzt und die Frontlippe aus dem Stoßfängeroberteil eines E34 „gebastelt“. Die auffälligste Änderung ist aber sicher das Airride-Fahrwerk. Frank entschied sich für diese Lösung, weil „eine extreme Tieferlegung beim E24 sonst schwierig ist: Die Ölwanne sitzt vor dem Vorderachsträger und auch noch etwas tiefer, der lange Radstand und die Überhänge machen es auch nicht einfacher“. Um den Kompressor des Airride – und nebenbei noch die Endstufe und die Sitzheizung – mit ausreichend Strom zu versorgen, bekam der Wagen einen zweiten Stromkreis. Zu guter Letzt folgte eine umfassende Motorüberholung, bei der der Sechszylinder neue Kipphebel, Ventile, Lagerungen, Kolbenringe, Dichtungen und Verschraubungen bekam. Zudem wurden Kopf und Kanäle bearbeitet der Kurbeltrieb erleichtert und feingewuchtet sowie ein Fächerkrümmer montiert.
Seit Mai 2020 ist der Wagen wieder fahrbereit. Seitdem legte Frank rund 6.000 Kilometer mit ihm zurück, vorzugsweise auf Landstraßen im heimischen Erzgebirge. Hier kann er die griffigen Bremsen und das gute Licht voll auskosten – was er sich nach der langjährigen Überholung des BMW auch verdient hat.
Text: Bernd Bartels
Fotos: Frank Schwichtenberg
Feature Facts: 1983er BMW 635 CSi (E24)
Motor:
M30B35-Reihensechszylinder, 3.430 ccm, Bohrung x Hub in mm: 86 x 92; Verdichtung 10,0 : 1; Fächerkrümmer, Eigenbau-Abgasanlage, Leistung 218 PS (Werksangabe)
Kraftübertragung:
Fünfgang-Sport-Schaltgetriebe, Lamellen-Sperrdifferenzial
Fahrwerk:
K-Sport-Luftfahrwerk mit 4-Rad-Steuerung, fernbedienbar
Bremsen:
vorne 4-Kolben-Festsattelbremse mit 340er Scheiben (BMW 435i), hinten Serie
Räder:
BBS „RC 61/62“, vorne 8 x 18 Zoll, hinten 9 x 18 Zoll
Reifen:
Yokohama „AVS Sport“, vorne 225/40 ZR18, hinten 245/35 ZR18
Karosserie:
zweitüriges Coupé, Radläufe leicht modifiziert, Eigenbau-Frontsplitter, Heckblech gecleant, Bi-Xenon-Scheinwerferumbau, Lackierung in „Rubinschwarz Metallic“
Innenraum:
Sitze in beigefarbenem Leder bezogen, Sitzheizung, Dreispeichen-Sportlenkrad, Blaupunkt „Bremen SQR 46 DAB“, BMW-Soundsystem