1980er BMW M1 3.5 Coupè E26

Das blaue Wunder

Italienischer als der M1 geriet kein BMW

Die Geschichte des BMW M1 ist eine tragische – erst brachte Lamborghini das ganze Projekt in Gefahr, dann schockierten die verpatzte Gruppe-4-Homologation und die zweite Ölkrise. Der Besitz des infolgedessen nur 453-mal gebauten Mittelmotor-Flitzers ist umso lustvoller, weiß Reiner Ahrend.

 

Der hat als in der Wolle gefärbter BMW-Fan sein Hobby zum Beruf gemacht und kümmert sich seit 1985 mit seinem Betrieb Ahrend 02 Tuning vornehmlich um das Wohl der flotten Zweitürer sowie früher 3er. Aber eben nicht nur, schildert der Unternehmer aus Rösrath: „Um 2011 herum lernte ich einen Sammler kennen, dessen Fuhrpark ich seither betreue. Der hatte sich im Jahr zuvor einen langgehegten Traum erfüllt und sich einen BMW M1 gekauft. Die von einem anderen Sammler erstandene Rarität wurde einst in die Schweiz ausgeliefert. Die Erstzulassung hierzulande kam erst 1983 zustande, sodass der Wagen sein H-Kennzeichen erst sehr spät bekommen hat. Bis dahin hatte sich das rund 40.000 Kilometer gelaufene Mittelmotor-Coupé jahrelang die Reifen plattgestanden, sodass ich 2012/13 allerhand Standschäden wie feste Bremsen, ein leckes Kühlwasserrohr und die zugesetzten Düsen der Kugelfischer-Pumpe beheben musste.“

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Bei Letzthand-Verbrauchtwagen mag man angesichts dieser Investitionen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, doch stellten sie im vorliegenden Falle eines nicht nur seltenen, sondern auch hoch gehandelten Klassikers eine absolute Petitesse dar: „Dieser M1 hat sich nicht wie etliche seiner 53 Geschwister aus der Procar-Serie blaue Flecken geholt, sondern ist komplett unfallfrei. Und dazu noch im Erstlack! In Blau verließen lediglich 59 Wagen Italdesign, wo die GFK-Karosserie von T.I.R. aus Modena mit den von der Firma Marchesi aus demselben Städtchen nach Lamborghini-Vorgaben gefertigten Rahmen zusammengebracht, verglast, mit der Elektrik versehen und schließlich lackiert wurden. Seltener sind nur die insgesamt acht silbernen, schwarzen und grauen M1. Auch das Stoff-Leder-Interieur sieht dank wirklich vorsichtiger Nutzung aus wie neu, ist aber wie der Himmel seit eh und je Jahren am selben Platz und trägt damit einen weiteren nicht unwesentlichen Teil zum traumhaften Sammlerzustand bei“, doziert Reiner.

„Dem M1 merkt man auf dem ersten Meter an, dass das Serienmodell von der Rennsport-Ausführung abgeleitet wurde und nicht wie meist andersherum“, fährt der Fachmann fort. „Das betrifft nicht nur die Karosserie, sondern auch das Fahrwerk. Das Layout verträgt ohne größere Änderungen Leistungen bis knapp 1000 PS der Turbo-Rennversion.

Ursprünglich standen V8- und V12-Motoren zur Debatte, doch aus Kostengründen blieb BMW bei seinem Leisten und zauberte auf Basis des vorhandenen M90-Sechszylinders mit neu entwickeltem Vierventilkopf und Trockensumpfschmierung den sagenhaften M88-Motor. „Mit seiner mechanischen Benzineinspritzung und den sechs Einzeldrosselklappen brüllt er wie ein Löwe und hat auch reichlich Kraft“, grinst der Unternehmer.

Die 277 PS sorgten für 5,6-Sekunden-Spurts von 0 auf 100 und für flotte 262 km/h Spitze – damit war der M12 der schnellste deutsche Sportwagen, bis Porsche den 911 turbo Ende 1983 um 30 auf 330 PS steigerte. Da war der M1 längst als Gebrauchtwagen zu bekommen: Bereits zu Beginn des Februars 1981 hatte der 453. und letzte BMW M1 die Montagehalle von Baur in Stuttgart verlassen, im Februar 1979 waren die Auslieferungen angelaufen. Ganz schlechtes Timing: Mit dem späten Produktionsstart kam der M1 zu spät für die fristgerechte Homologation für Gruppe-4- und Gruppe-5-Rennen im Jahr 1979. Zuzuschreiben war die Verzögerung der Motorenfrage und dem Konkurs von Entwicklungspartner Lamborghini. Nach anfänglicher Begeisterung zeigten sich etliche Interessenten über die gegenüber den italienischen Mitbewerbern moderaten Fahrleistungen enttäuscht, und so verfehlte der Über-Bimmer den prognostizierten Absatz von 800 Einheiten deutlich.

Diesen Misserfolg kreidet dem aus der Turbo-Studie von 1972 hervorgegangenen Flachmann heutzutage aber keiner mehr an, weiß Reiner: „Im Rahmen meiner Sammlungsbetreuung präsentiere ich das blaue Wunder ab und zu auf Veranstaltungen. Als ich 201 den Edelweiß-Bergpreis Rossfeld Berchtesgaden besuchte, stellte ich wieder einmal fest, dass nicht nur Kleider, sondern auch Autos Leute machen. So musste ich nicht draußen parken, sondern wurde ohne weiteres aufs Gelände gebeten und durfte den M1 inmitten der Boxengasse zwischen all den gemeldeten Rennwagen präsentieren. Nur ein Sieg wäre noch mehr im Sinne der Erfinder gewesen!“

Text: Arild Eichbaum
Fotos: Frank Schwichtenberg

Feature Facts: 1980er BMW M1 3.5 Coupé E26

Allgemein: Die Straßenversion des BMW M1 beschleunigt in 5,6 Sekunden von 0 bis 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 262 km/h. Hergestellt wurde der M1 zwischen 1978 und 1981, heutiger Schätzwert ab 500.000 Euro (+) je Zustand, welcher im Jahr 1978 „nur“ 100.000 Euro im Neuwagenzustand gekostet hatte.

Motor: M88 DOHC-R6, längs eingebauter Mittelmotor, 3453 ccm; 9,0:1 Verdichtung;
mechanische Kugelfischer-Einspritzung mit Einzeldrosselklappen, Trockensumpfschmierung, 277 PS bei 6500 U/min, 330 Nm bei 5000 U/min, Doppelrohrauspuff

Kraftübertragung: Fünfgang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb

Fahrwerk: Doppelquerlenker, Schraubenfedern, Bilstein-Gasdruckstoßdämpfer vorne und hinten

Räder: Einzelradaufhängung, Campagnolo-M1-Aluräder in 7 x 16 vorne und 8 x 16 hinten

Reifen: Pirelli „Cintauro“ in 205/55 R16 vorne und 225/50 R16 hinten

Karosserie: blau, GFK-Karosserie, Gitterrohrrahmen bei einem Leergewicht von 1300 kg

Innenraum: Stoff-Leder-Ausstattung, Leder-Lenkrad und -Schaltknauf, Becker-„Mexiko“-Kassettenradio

Kraftstoff: Super plus

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