Zeitgenössischer Breitbau in Perfektion

    Feature / 1970er 2002 ti E10 (NRW)

    Ultimate Schweinebacke

    Tuning gehört bei einem BMW 02 zum guten Ton, gefühlt jedes zweite Exemplar wurde „frisiert”. Das ging nicht immer gut aus, der Bestand der heißen Kompaktlimousinen ist mit den Jahren bedenklich geschrumpft. Von vornherein eine Rarität war der doppelvergaserbestückte 2002 ti, von dem heute nur noch eine zweistellige Zahl in Deutschland zugelassen ist. Mike Valder sorgte dafür, dass die Zulassungsstatistik 2017 wieder einen 2002 ti mehr verzeichnen konnte, und zwar einen zeitgenössisch frisierten – im Zustand 1!

    So sorgfältig wie Mikes 2002 ti waren die Vorbilder aus den 1970 er längst nicht immer aufgebaut.

    Während der Produktionszeit der 02-Serie erlebte die Bundesrepublik ihren ersten Tuning-Boom: Vom Ford Escort bis zum NSU TTS wurden besonders gerne leichte und stark motorisierte Zweitürer verbreitert, verspoilert und tiefergelegt. Hinzu kam oft ein saftiges Motorentuning, wobei üblicherweise der Zylinderkopf bearbeitet wurde, daher die Bezeichnung „Frisieren”. Auch auf den 02 stürzten sich die Tuner: Alpina, GS, Koepchen und Schnitzer setzten den kleinen BMW auf der Rundstrecke ein und boten leistungshungrigen BMW-Besitzern ein stetig wachsendes Programm für die Straße an.

    Cobra-Sportsitze sorgen in der ersten Reihe für mehr Seitenhalt, die originale Rücksitzbank blieb dagegen erhalten und musste lediglich gereinigt werden.

    BMW selbst steigerte das sportliche Potenzial des Zweitürers und stellte dem 1966 präsentierten 1600-2 mit 85 PS ab Herbst ‘67 den 1600 ti mit erhöhter Verdichtung, zwei Doppelvergasern und 105 PS zur Seite. Genauso verfuhren die Münchener mit dem 100 PS starken 2002, der im Februar 1968 herauskam, indem sie wenige Monate später den 2002 ti nachlegten, der mit seinen 120 PS als Autobahnschreck galt und sich zudem im Motorsport als äußerst konkurrenzfähig erwies.
    Mit 10.989 DM war der 2002 ti ein gutes Stück teurer als der 2002, der ab 9.474,40 DM zu haben war. Möglicherweise ein Grund dafür, dass vom ti nur rund 16.500 Stück gebaut wurden, während der normale Zwoliter fast 337.000mal vom Band lief. Fairerweise muss man allerdings erwähnen, dass der unkomplizierte 2002 im Gegensatz zur Doppelvergaservariante auch in den USA angeboten wurde, was nicht unerheblich zum Absatzerfolg dieser Ausführung beitrug.

    Selbstverständlich erhielt das Triebwerk eine zünftige „Frisur“, sodass jetzt rund 180 PS zur Verfügung stehen dürften.

    Als Mike Valder seinen 2002 ti vor gut drei Jahren kaufte, waren noch 81 Stück beim Kraftfahrtbundesamt gemeldet. Bekannt war ihm der Wagen zu diesem Zeitpunkt schon länger: „Mein Vater hat über 30 Jahre Oldtimer restauriert und Rennwagen aufgebaut, sein weißer E21 war übrigens schon unter dem Titel ‚Edelweiß‘ in BMW SCENE LIVE.”, erzählt Mike. „Er wusste von jemandem, der gerade eine BMW-2002-ti-Karosse neu aufbaute.” Als Kenner behielt Mikes Vater das Projekt im Blick, aber mit der Zeit bemerkte er, dass der Aufbau ins Stocken geriet. Gemeinsam nahmen Vater und Sohn die Karosse in Augenschein, die bereits mit Verbreiterungen versehen und zweifarbig in den RAL-Tönen Weißgrün und Moosgrün lackiert worden war: „Die Karosse war sehr gut gemacht und der Schweinebackenumbau fachmännisch angebracht”, berichtet Mike.

    Irgendwann geriet das Projekt ins Stocken, woraufhin das Vater-und-Sohn-Duo die bereits fachmännisch verbreiterte rot lackierte Karosserie übernahm.

    Die rundlichen „Schweinebacken“-Verbreiterungen waren in den Siebzigern und Achtzigern nur eine von vielen Breitbauvarianten, die von verschiedenen Herstellern für den 02 angeboten wurden. Die Palette reichte von Radlaufverbreiterungen im Stil des 2002 turbo, bis hin zu kastenförmigen Aufsätzen im Gruppe-5-Look. Die wildesten Ausführungen hatten gar eckige Radhausausschnitte, bekannt als „Stoppschild-Verbreiterungen”. Die GFK-Verbreiterungen an Mikes 2002 ti sind an Teile des Freiburger Tuningbetriebs und Rennstalls GS Tuning angelehnt, der Schweinebacken-Verbreiterungen sowohl an seinen Rennwagen einsetzte als auch an Kundenfahrzeugen für die Straße montierte…

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    Während die Karosserie beim Kauf tadellos dastand, waren die übrigen Teile weitgehend unbrauchbar für Mikes Vorhaben, denn als Ziel peilten er und sein Vater die Zustandsnote 1 an. Also wurde die Karosserie sorgfältig eingelagert, und es begann eine zweijährige Teilesuche, während der das Duo sich bemühte, alle nötigen Teile in neuem oder neuwertigem Zustand aufzutreiben. Bei einem fast 50 Jahre alten Auto kein leichtes Unterfangen: „Nicht immer ist alles, was man neu bekommt, auch qualitativ sehr gut. So muss man schon fein aussortieren, welche Teile man verbaut und welche man in Eigenregie neu baut oder an welchen Stellen man alte Teile in den Neuzustand versetzt.”…

    Mehr zum 2002ti lest ihr in Ausgabe 01/18 der BMW SCENE live

    Text: Frank Mundus

    Fotos: Frank Schwichtenberg

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